PG Aub
Bild: Pfarrbriefservice

Wo bist du?

Polen 1944. In einem Dorf unweit der russischen Grenze wurde ein jüdisches Ehepaar mit seinen zwei Kindern von den Nazis entdeckt und aus einer alten Scheune gezerrt und abtransportiert. Noch am selben Abend ließ der örtliche Befehlshaber, ein deutscher Hauptmann, das jüdische Paar auf den Dorfplatz bringen, wo sie über eine halbe Stunde lang mit den Händen über dem Kopf auf den harten Pflastersteinen knien mussten. Die beiden waren offensichtlich sehr gefasst und murmelten unentwegt einige Sätze auf Polnisch. Dann traf der Hauptmann ein und tötete beide ohne zu zögern mit zwei Genickschüssen. Am Abend feierten der Hauptmann und einige Soldaten in der Dorfkneipe ihre Tat. „Da half ihnen all ihr Gejammer nichts …“ lachte der Hauptmann lauthals heraus. Die Kellnerin der Kneipe nahm ihren ganzen Mut zusammen und sagte zu dem Hauptmann: „Nein, Herr Hauptmann, das war kein Gejammer, das war ein Gebet!“. „Und, - was hat es ihnen genützt“ erwiderte der Hauptmann höhnisch. „Ob das Gebet erhört wird, können wir hier nicht wissen“, sagte die Kellnerin, „Ich denke, sie werden der einzige sein, der es erfahren wird. Die beiden beteten nicht für sich; sie beteten für jenen, der sie erschießen würde.“

Gott offenbarte sich in Jesus Christus nicht nur durch dessen außergewöhnliches Leben und Handeln und Gott offenbarte sich in Jesus Christus nicht nur durch seinen grausamen Tod am Kreuz und seine Auferstehung. Gott offenbart sich in jedem Menschen, in jedem Leid, in jeder Katastrophe. Gott ist gerade da, wo es weh tut und wo alle davonlaufen. Er ist da, - immer; überall. Auch wenn wir es manchmal beim besten Willen nicht glauben können. Gott ruft uns auf, auch gerade dann zutiefst christlich zu bleiben, wenn alles unmenschlich und unerträglich wird. Eine verdammt schwere Aufgabe für uns Christen. Ja, Christsein ist eben nichts für Feiglinge!

Papst Franziskus hat es in einem apostolischen Schreiben sehr treffend so formuliert: „Wo alles tot zu sein scheint, sprießen überall Anzeichen der Auferstehung hervor. Es ist eine unvergleichliche Kraft. Es ist wahr, dass es oft so erscheint, als existiere Gott nicht: Wir sehen Ungerechtigkeit, Bosheit, Gleichgültigkeit und Grausamkeit, die nicht aufhören. Es ist aber auch gewiss, dass mitten in der Dunkelheit immer etwas Neues aufkeimt, das früher oder später Frucht bringt. Auf einem eingeebneten Feld erscheint wieder das Leben, hartnäckig und unbesiegbar. Es mag viel Dunkles geben, doch das Gute neigt dazu, immer wieder zu kommen, aufzukeimen und sich auszubreiten.“

Jesus hat es uns gezeigt. Wir müssen nur umdenken. Wir Christen haben die Aufgabe, hartnäckig und zäh das Gute mit unseren Möglichkeiten in die Welt zu tragen. Jeden Tag und überall hin. Ostern ist dafür ein wunderbares Zeichen.

Ihr Diakon WInfried Langlouis

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